Der Inhalt des folgenden Artikels bezieht sich ausschließlich auf die TU Ilmenau und sollte nicht auf andere Institutionen übertragen werden.
Prüfungsunfähigkeit (TU)
Das Verfahren bei Prüfungsunfähigkeit von Studierenden der TU Ilmenau wirft praktische Datenschutzprobleme auf, die möglicherweise die meisten Auswirkungen haben können bei der Durchführung von Prüfungen.
Ausgangspunkt ist, dass Prüfungsunfähigkeit untrennbar mit der Gesundheit einer betroffenen Person verbunden ist. Daher werden zwangsläufig Gesundheitsdaten und damit besondere Kategorien personenbezogener Daten gemäß Art. 9 Abs. 1 DSGVO verarbeitet, was nach Art. 9 Abs. 1 DSGVO unzulässig ist, es sei denn, es greift einer der Ausnahmetatbestände des Art. 9 Abs. 2 DSGVO. Dafür kommen die Buchstaben g, evtl. h und j in Betracht; jeweils in Verbindung mit den wichtigen landesgesetzlichen Regelungen § 11 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alt. ThürHG und § 54 Abs. 11 ThürHG. Weiterhin ist zu beachten, dass § 55 Abs. 2 Nr. 12 ThürHG der Hochschule das Recht einräumt, in einer Prüfungsordnung die Details des Verfahrens festzulegen. Diese neue Prüfungsordnung ist aber noch nicht beschlossen.
Daraus folgt:
- Nach dem Grundsatz der Datensparsamkeit (bzw. Datenminimierung gemäß Art. 5 Abs. 1 lit. c DSGVO) dürfen nur die unbedingt notwendigen Daten erhoben werden. Insbesondere dürfen keine Diagnosen von Krankheiten erhoben werden und die Beeinträchtigungen auch nur soweit, wie es für die Feststellung der Prüfungsunfähigkeit unabdingbar ist.
- Durch Technische und organisatorische Maßnahmen ist sicherzustellen, dass die Daten auch innerorganisatorisch nur befugten Personen (Prüfungsamt und Prüfungsausschuss) bekannt werden und auch nur in dem Maße, wie es zur Erfüllung der Aufgabe (Feststellung der Prüfungsunfähigkeit und Dokumentation, dass kein Fehlversuch vorliegt) notwendig ist.
- Auch im Interesse der Verwaltungsvereinfachung sollte transparent gemacht werden, inwieweit sehr kurze ärztliche Bescheinigungen allein mit der Bestätigung der Prüfungsfähigkeit ohne weitergehende gesundheitsbezogene Angaben ausreichend sind. Auch in einem solchen Fall werden weiterhin Gesundheitsdaten erhoben, für die im Grundsatz die oben beschriebenen Regeln gelten.
- Auch und gerade die Verarbeitung von Gesundheitsdaten führt dazu, dass die betroffene Person zu informieren ist. Es bedarf also einer Datenschutzerklärung.
- § 54 Abs. 11 ThürHG sieht keinen Formularzwang vor. Die Gestaltung der vom Gesetz vorgesehenen ärztlichen Bescheinigung liegt also primär im ärztlichen Ermessen. Das schließt nicht aus, dass die TU Ilmenau einen Vorschlag zur Gestaltung unterbreitet, so lange eindeutig kommuniziert wird, dass die Verwendung dieses Vorschlags freiwillig ist.
Eine endgültige Lösung wird erst mit der neuen PO-AB möglich sein. Übergangsweise wird die Verwendung des folgenden Formulars vorgeschlagen:muster_aerztliches_attest_190201.pdf Die im Formular genannten Hinweise sollten unbedingt beachtet werden. Vor allem sollte freigestellt werden, ob dieses Formular verwendet wird oder ein anderes Formular oder eine frei formulierte ärztliche Bescheinigung.
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung sollte nicht akzeptiert werden. Sie bescheinigt zum einen, wie der Name schon sagt Arbeitsunfähigkeit aber zum anderen enthält sie Daten, die nicht für die Feststellung der Prüfungsunfähigkeit benötigt werden. Beispiele dafür sind, wie auf dem folgenden Muster zu sehen ist, die Angabe der Krankenkasse oder (teilweise) der Versichertenstatus (aus dem sich zudem Rückschlüsse auf die Lebensverhältnisse ableiten lassen und der aus guten Gründen nicht mehr auf der Gesundheitskarte aufgedruckt wird1) ).
Wirklich bedenklich wird es aber, wenn nicht nur die obere Hälfte ausgefüllt eingereicht wird, was dem Teil entspricht, der normalerweise dem Arbeitgeber übergeben wird, sondern auch der untere Teil. Aus dem dort angegebenen ICD-Code lässt sich auf die genaue Diagnose des Arztes schließen. Damit liegen ggf. sensibelste Daten vor. Ein solches Formular sollte bei persönlicher Übergabe gar nicht erst entgegengenommen werden bzw. wenn es per Post eingeht, zurückgesendet werden. Soweit bei Status vier Ziffern angegeben werden und die letzten drei Ziffern sind nicht alle „0“ sollte genauso verfahren werden.
Im folgenden eine tabellarische Gegenüberstellung zur Verdeutlichung, dass eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus Datenschutzsicht generell ungeeignet ist:
Feld AU | Feld Formularvorschlag Ärztliches Attest | Anmerkung |
---|---|---|
Krankenkasse | - | Für die Frage der Prüfungsunfähigkeit belangloses personenbezogenes Datum. |
Nummer der Krankenkasse | - | Für die Frage der Prüfungsunfähigkeit belangloses personenbezogenes Datum. |
Nachname | Nachname | Zur Identifikation nötig. |
Vorname | Vorname | Zur Identifikation nötig. |
Adresse | - | Für die Frage der Prüfungsunfähigkeit belangloses personenbezogenes Datum. |
Kostenträgerkennung | - | Für die Frage der Prüfungsunfähigkeit belangloses personenbezogenes Datum. |
Versicherten-Nr. | - | Für die Frage der Prüfungsunfähigkeit belangloses personenbezogenes Datum. |
Status | - | Einstellig gibt der Status nur an, ob die versicherte Person Mitglied, familienversichert oder Rentner ist. Falls noch weitere 3 Stellen angegeben sind, verbergen sich dahinter sensibelste Angaben, z.B. zu chronischen Krankheiten.2) Damit liegen Besondere Kategorien personenbezogener Daten gem. Art. 9 Abs. 1 DSGVO vor, deren Verarbeitung grundsätzlich unzulässig ist. Ein Erlaubnistatbestand nach Art. 9 Abs. 2 DSGVO greift nicht ein. Insbesondere liegt in dem Einsenden keine wirksame Einwilligung, da Art. 9 Abs. 2 lit. a DSGVO eine ausdrückliche Einwilligung verlangt und folglich eine nur konkludente Einwilligung unzureichend ist. |
Betriebsstätten-Nr. | - | Für die Frage der Prüfungsunfähigkeit belangloses personenbezogenes Datum. |
Arzt-Nr. | - | Für die Frage der Prüfungsunfähigkeit belangloses personenbezogenes Datum. |
Datum | Datum | Datum der Feststellung ist für die Frage der Plausibilität und ggf. Nachfragen von Bedeutung. |
Arbeitsunfall, Arbeitsunfallfolgen, Berufskrankheit | - | Für die Frage der Prüfungsunfähigkeit belangloses personenbezogenes Datum. |
dem Durchgangsarzt zugewiesen | - | Für die Frage der Prüfungsunfähigkeit belangloses personenbezogenes Datum. |
arbeitsunfähig seit | vom… | Beginn der gesundheitlichen Einschränkungen-für die Beurteilung nötig, ob zum Zeitpunkt der jeweiligen Prüfungsleistung gegeben. |
voraussichtlich arbeitsunfähig bis | bis voraussichtlich | Voraussichtliches Ende der gesundheitlichen Einschränkungen-für die Beurteilung nötig, ob zum Zeitpunkt der jeweiligen Prüfungsleistung gegeben. |
festgestellt am | Datum | Datum der Feststellung ist für die Frage der Plausibilität und ggf. Nachfragen von Bedeutung. Redundanz im AU-Formular überflüssig. |
Erstbescheinigung | - | Für die Frage der Prüfungsunfähigkeit normalerweise belangloses personenbezogenes Datum. |
Folgebescheinigung | - | Für die Frage der Prüfungsunfähigkeit normalerweise belangloses personenbezogenes Datum. |
ICD-10-Code | Gesundheitliche Einschränkungen | Bei Einreichung nur der Ausfertigung für den Arbeitgeber nicht enthalten. Leicht zu entschlüsselnde Diagnose. Könnte sicher für die Beurteilung der Prüfungsfähigkeit relevant sein aber Erhebung ist nicht gewollt (siehe oben) und eine Erhebung würde zusätzliche TOM erfordern. Die Benennung der gesundheitlichen Einschränkungen ist im Vergleich dazu ein deutliches Weniger und sollte dennoch nur erfolgen, wenn es im Einzelfall notwendig ist. |
sonstiger Unfall, Unfallfolgen/Versorgungsleiden/Leistungen zur medizinischen Rehabilitation/stufenweise Wiedereingliederung/Krankengeld | - | Bei Einreichung nur der Ausfertigung für den Arbeitgeber nicht enthalten. Für die Frage der Prüfungsunfähigkeit normalerweise belangloses personenbezogenes Datum. |
- | Art der Prüfungsleistung, die nicht erbracht werden kann | Nicht unbedingt notwendig aber zweckmäßig um scheinbare Widersprüche aufzulösen: z.B. Prüfungsunfähig für Klausuren aber tatsächliche Teilnahme an mündlicher Prüfung bei einer schweren Sehnenscheidenentzündung der Schreibhand. Die Diagnose ist ja nicht bekannt und kann daher zur Erklärung nicht herangezogen werden. Somit vermeidet die Differenzierung die Anforderung eines anderen Nachweises oder amtsärztlichen Attests (§ 54 Abs. 11 ThürHG). Soweit in einem anderen Formular oder einem frei formulierten Attest diese Differenzierung nicht vorgenommen wird, sollte das aber kein Hinderungsgrund für die Akzeptanz sein. |
Zum Vergleich das oben verlinkte Muster mit minimalen Angaben: