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thuerdsg:30_thuerdsg [2020/11/13 15:35] – [Amtliche Gesetzesbegründung] Adminthuerdsg:30_thuerdsg [2023/02/09 16:23] (aktuell) Martin Neldner
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 ====== § 30 Thüringer Datenschutzgesetz ====== ====== § 30 Thüringer Datenschutzgesetz ======
  
-===== Wortlaut =====+===== Wortlaut =====
  
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-===== Amtliche Gesetzesbegründung =====+===== - Gesetzentwurf der Landesregierung ===== 
 + 
 +**Achtung** Die Gesetzesbegründung bezieht sich auf einen im Gesetzgebungsverfahren noch geänderten Wortlaut der Norm. Gestrichen wurde in Abs. 1 der Satz 3 mit einer Hervorhebung der Schutzgüter Leben, Gesundheit oder Freiheit von Personen. Folglich werden diese Schutzgüter auch in Abs. 3 nicht mehr erwähnt. In Absatz 5 wurde Satz 1 nachträglich eingefügt und der frühere Satz 1 als Satz 2 sprachlich an den neuen Satz 1 angepasst. Siehe im Übrigen [[http://www.parldok.thueringen.de/ParlDok/dokument/65346/th%C3%BCringer-gesetz-zur-anpassung-des-allgemeinen-datenschutzrechts-an-die-verordnung-eu-2016-687-und-zur-umsetzung-der-richtlinie-eu-2016-680.pdf|Thüringer Landtag Drucksache 6/4943]].
  
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 Die Beobachtung und Aufzeichnung ist nur zulässig, soweit sie zum Schutz von Personen bzw. des Eigentums oder des Besitzes an Sachen - diese Rechtsgüter stehen in einem so engen Zusammenhang, dass sie einen einheitlichen Zweck darstellen - erforderlich ist. Die Erforderlichkeit ergibt sich aus dem Schutz der Rechtsgüter. Die in Absatz 1 Nr.1 und 2 genannten Rechtsgüter können nur soweit durch Videoüberwachung geschützt werden, als damit gleichzeitig auch eine Aufgabe im öffentlichen Interesse oder die Ausübung öffentlicher Gewalt verfolgt wird. Eine Aufgabe im öffentlichen Interesse stellt insbesondere auch die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit öffentlicher Stellen und ihrer Gebäude dar, also die Möglichkeit des ungestörten Benutzerverkehrs und der ungestörten Nutzung.\\ Die Beobachtung und Aufzeichnung ist nur zulässig, soweit sie zum Schutz von Personen bzw. des Eigentums oder des Besitzes an Sachen - diese Rechtsgüter stehen in einem so engen Zusammenhang, dass sie einen einheitlichen Zweck darstellen - erforderlich ist. Die Erforderlichkeit ergibt sich aus dem Schutz der Rechtsgüter. Die in Absatz 1 Nr.1 und 2 genannten Rechtsgüter können nur soweit durch Videoüberwachung geschützt werden, als damit gleichzeitig auch eine Aufgabe im öffentlichen Interesse oder die Ausübung öffentlicher Gewalt verfolgt wird. Eine Aufgabe im öffentlichen Interesse stellt insbesondere auch die Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit öffentlicher Stellen und ihrer Gebäude dar, also die Möglichkeit des ungestörten Benutzerverkehrs und der ungestörten Nutzung.\\
 Zudem enthält Absatz 1 eine Definition der Videoüberwachung. Optisch-elektronische Einrichtungen sind alle Geräte, die Bilder übertragen und aufzeichnen. Der Begriff der Einrichtung erfordert dabei eine zumindest vorübergehende ortsgebundene Installation. Eine Speicherung ist ausdrücklich nicht Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Bestimmung. Ebenso ist nicht Voraussetzung, dass die erhobenen Daten einer bestimmten Person zugeordnet werden können.\\ Zudem enthält Absatz 1 eine Definition der Videoüberwachung. Optisch-elektronische Einrichtungen sind alle Geräte, die Bilder übertragen und aufzeichnen. Der Begriff der Einrichtung erfordert dabei eine zumindest vorübergehende ortsgebundene Installation. Eine Speicherung ist ausdrücklich nicht Voraussetzung für die Anwendbarkeit der Bestimmung. Ebenso ist nicht Voraussetzung, dass die erhobenen Daten einer bestimmten Person zugeordnet werden können.\\
-Durch die ausdrückliche Normierung der Schutzgüter Leben, Gesundheit oder Freiheit in Satz 3 wird diesen im Rahmen der Interessenabwägung ein besonderes Gewicht gegeben. Ein ergebnisoffener Abwä-gungsprozess hat gleichwohl auch weiterhin stattzufinden.\\+Durch die ausdrückliche Normierung der Schutzgüter Leben, Gesundheit oder Freiheit in Satz 3 wird diesen im Rahmen der Interessenabwägung ein besonderes Gewicht gegeben. Ein ergebnisoffener Abwägungsprozess hat gleichwohl auch weiterhin stattzufinden.\\
 Ausdrückliches Ziel der Bestimmung ist die Erhöhung der Sicherheit in sämtlichen  öffentlichen  Stellen, (siehe dazu § 2). Insbesondere  fallen  darunter Einrichtungen des öffentlichen Personennahverkehrs - sofern diese dem Anwendungsbereich dieses Gesetzes unterfallen - da dort aufgrund  der  hohen  Frequentierung  und  Gefahrenanfälligkeit  Sicher-heitsbelange von besonderer Bedeutung sind.\\ Ausdrückliches Ziel der Bestimmung ist die Erhöhung der Sicherheit in sämtlichen  öffentlichen  Stellen, (siehe dazu § 2). Insbesondere  fallen  darunter Einrichtungen des öffentlichen Personennahverkehrs - sofern diese dem Anwendungsbereich dieses Gesetzes unterfallen - da dort aufgrund  der  hohen  Frequentierung  und  Gefahrenanfälligkeit  Sicher-heitsbelange von besonderer Bedeutung sind.\\
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 (Quelle: Thüringer Landtag Drucksache 6/4943, S. 116) (Quelle: Thüringer Landtag Drucksache 6/4943, S. 116)
  
-===== Parallelvorschriften =====+===== Parallelvorschriften ===== 
 + 
 +==== - Übersicht ==== 
 + 
 +Außer Ansatz bleiben grundsätzlich spezialgesetzliche Vorschriften. 
 + 
 +^ Land ^ Regelung zur Videoüberwachung ^ Definition Videoüberwachung (Abs. 1) ^ Beschränkung auf öffentliche Räume (entspr. § 20 Abs. 1 DSG NRW) ^ Beschränkung auf konkrete Schutzzwecke ^ Transparenz (Abs. 2) ^ Zweck und Zweckänderung (Abs. 3, 4) - keine Berücksichtigung anderer Normen, z.B. [[:thuerdsg:17_thuerdsg]]  ^ Speicherung ^ Löschfrist ^ Einbindung DSB ^ Sonstiges ^ Fundstelle Gesetzesbegründung ^ 
 +^ Baden-Württemberg | [[https://www.landesrecht-bw.de/jportal/?quelle=jlink&docid=jlr-DSGBW2018pP18&psml=bsbawueprod.psml&max=true|§ 18 LDSG BW]] | Ja(Abs. 1) | Ja(Abs. 1) | Ja(Abs. 1) | Ja(Abs. 2) | Ja(Abs. 3) | Ja (Abs. 5) | Ja (Abs. 5) | Ja (Abs. 6) | | | 
 +^ Bayern | [[https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/BayDSG-24|Art. 24 BayDSG]] | Ja(Abs. 1) | Nein | Ja(Abs. 1) | Ja(Abs. 2) | Ja(Abs. 3) | Ja (Abs. 4) | Ja (Abs. 4) | Ja (Abs. 5) | | [[https://www.datenschutz-bayern.de/datenschutzreform2018/baydsg_neu_12_12_2017.pdf|Gesetzentwurf der Staatsregierung]], S44 | 
 +^ Berlin | [[http://gesetze.berlin.de/jportal/?quelle=jlink&query=DSG+BE+%C2%A7+20&psml=bsbeprod.psml&max=true|§ 20 BlnDSG]] | Ja(Abs. 1) | Ja(Abs. 1) | Ja aber sehr weit.(„Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen“, „Hausrecht“, Abs. 1) | Ja(Abs. 2) | Ja(Abs. 3, 4) | Nein | Teilweise? (Abs. 4 S. 2) | Nein | Abs. 4 regelt Räume des öffentlichen Personennahverkehrs. Löschanspruch in Abs. 5. | | 
 +^ Brandenburg | [[https://bravors.brandenburg.de/gesetze/bbgdsg#28|§ 28 BbgDSG]]  | Ja(Abs. 1) | Ja(Überschrift) | Ja(Abs. 1) | Ja(Abs. 2) | Ja(Abs. 3) | Nein | Nein | Nein | Nach Abs. 4 Pflicht zur Information einer identifizierten Person(mit Ausnahmen). | [[https://www.parlamentsdokumentation.brandenburg.de/parladoku/w6/drs/ab_7300/7365.pdf|Gesetzentwurf der Landesregierung]] S. 24, 55ff. (zu damals noch § 27) \\ [[https://www.parlamentsdokumentation.brandenburg.de/parladoku/w6/drs/ab_8600/8622.pdf|Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Inneres und Kommunales]] Keine inhaltlichen Ergänzungen, S. 43 (Zählung des PDF-Dokuments) | 
 +^ Bremen | [[https://www.transparenz.bremen.de/metainformationen/bremisches-ausfuehrungsgesetz-zur-eu-datenschutz-grundverordnung-bremdsgvoag-vom-8-mai-2018-116884?asl=bremen203_tpgesetz.c.55340.de&template=20_gp_ifg_meta_detail_d#jlr-DSGVOAGBRpP15|§ 15 BremDSGVOAG]] | Ja(Abs. 1) | Ja(Abs. 1) | Ja(Abs. 1) | Ja(Abs. 2) | Ja(Abs. 3) | Ja (Abs. 5) | Ja ("unverzüglich, Abs. 5) | Nein | Nach Abs. 4 Pflicht zur Information einer identifizierten Person(mit Ausnahmen). | | 
 +^ Hamburg | [[https://www.landesrecht-hamburg.de/bsha/document/jlr-DSGHA2018pP9|§ 9 HmbDSG]] | Ja(Abs. 1) | Nein aber ausdrückliche Differenzierung nach öff. zugänglichen Bereichen(Abs. 1, S. 1) und nicht-öff. zugänglichen Bereichen (Abs. 1, S. 2) | Ja aber sehr weit.("Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen", "Hausrecht", Abs. 1) | Ja(Abs. 3) | Ja(Abs. 2) | Ja (Abs. 2) | Nein | Nein | | [[https://www.buergerschaft-hh.de/ParlDok/dokument/60926/entwurf-eines-gesetzes-zur-anpassung-des-hamburgischen-datenschutzgesetzes-sowie-weiterer-vorschriften-an-die-verordnung-eu-2016-679.pdf|Gesetzentwurf des Senats]] S. 22 f. | 
 +^ Hessen | [[https://www.rv.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/jlr-DSIFGHEpP4|§ 4 HDSIG]] | Ja(Abs. 1) | Ja. (Abs. 1) | Ja aber sehr weit.("Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen", "Hausrecht", Abs. 1) | Ja(Abs. 2) | Ja(Abs. 3) | Ja (Abs. 3) | Nein(Bei Wegfall des Zwecks oder aufgrund schutzwürdiger Interessen der betroffenen Person, Abs. 4) | Nein | |  |  
 +^ Mecklenburg-Vorpommern | [[https://www.landesrecht-mv.de/bsmv/document/jlr-DSGMV2018pP11|§ 11 DSG M-V]] | Ja(Abs. 1) | Nein | Ja(Abs. 1) | Ja(Abs. 2) | Zweckänderung (Abs. 3) | Nein | Nein | Nein | Die Gesetzesbegründung verfolgt ungewöhnliche Ansätze (keine Verarbeitung zur [[:Verarbeitung für die Wahrnehmung einer Aufgabe]] sondern [[:Verarbeitung zur Wahrung berechtigter Interessen]]) (([[http://www.dokumentation.landtag-mv.de/parldok/dokument/40493/gesetz_zur_anpassung_des_landesdatenschutzgesetzes_und_weiterer_datenschutzrechtlicher_vorschriften_im_zustaendigkeitsbereich_des_ministeriums_fuer_in.pdf|Gesetzentwurf der Landesregierung]] S. 45 f.: <fs x-small> \\ //Zu § 11 \\ Zu Absatz 1 \\ Die Videoüberwachung zur Wahrnehmung des Hausrechts, zum Schutz des Eigentums oder Besitzes sowie zur Kontrolle von Zugangsberechtigungen ist zulässig, wenn dies zur Wahrung berechtigter Interessen des Verantwortlichen erforderlich ist und stützt sich somit auf Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe f der Verordnung (EU) 2016/679. Die Vorschrift richtet sich damit ausdrücklich nicht auf die von öffentlichen Stellen in Erfüllung ihrer Aufgaben vorgenommene Verarbeitungssituationen, sondern sichert vielmehr die eigenen Eigentumsverhältnisse öffentlicher Stellen. Weiterhin normiert Absatz 1 zu dem sich aus Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe f der Verordnung (EU) 2016/679 unmittelbar ergebenden Grundsatz der Erforderlichkeit der Verarbeitung, dass keine Anhaltspunkte dafür bestehen dürfen, dass überwiegende schutzwürdige Interessen der Betroffenen entgegenstehen. Vom Begriff der Videoüberwachung umfasst sind Verfahren der reinen Beobachtung ebenso wie die Aufzeichnung beziehungsweise Speicherung der Überwachungsbilder. Der Begriff der Verarbeitung in Absatz 1 ist umfassend und bezieht sich auf alle Verarbeitungsschritte, die zur Erreichung des Zwecks der Videoüberwachung erforderlich sind. Absatz 1 enthält keine Rechtsgrundlage für die Verarbeitung besonderer Kategorien personenbezogener Daten, wie zum Beispiel biometrischer Daten.\\ 
 +Gefahrenabwehrende Videoüberwachungsregelungen finden sich in [[https://www.landesrecht-mv.de/bsmv/document/jlr-SOGMV2020pP32|§ 32 des Sicherheits- und Ordnungsgesetzes.]]//</fs>))| [[http://www.dokumentation.landtag-mv.de/parldok/dokument/40493/gesetz_zur_anpassung_des_landesdatenschutzgesetzes_und_weiterer_datenschutzrechtlicher_vorschriften_im_zustaendigkeitsbereich_des_ministeriums_fuer_in.pdf|Gesetzentwurf der Landesregierung]] S. 45 f. | 
 +^ Niedersachsen | [[https://www.nds-voris.de/jportal/?quelle=jlink&query=DSG+ND+%C2%A7+14&psml=bsvorisprod.psml&max=true|§ 14 NDSG]]  | Ja(Abs. 1) | Ja(Abs. 1) | Ja(Abs. 1) | Ja(Abs. 2) | Ja(Abs. Abs. 1, S. 3) | Nein | Nein | Ja(Abs. 3) |  | [[https://www.landtag-niedersachsen.de/drucksachen/drucksachen_18_02500/00501-01000/18-00548.pdf|Gesetzentwurf der Landesregierung]] S. 52 ff. | 
 +^ Nordrhein-Westfalen | [[https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_detail?sg=0&menu=0&bes_id=38824&anw_nr=2&aufgehoben=N&det_id=408184|§ 20 DSG  NRW]] | Ja(Abs. 1) | Ja(Abs. 1) | Ja(Abs. 1) | Ja(Abs. 2) | Ja(Abs. 3) | Nein | Ja („unverzüglich, Abs. 5) | Nein | | | 
 +^ Rheinland-Pfalz | [[http://landesrecht.rlp.de/jportal/portal/t/2ko3/page/bsrlpprod.psml?pid=Dokumentanzeige&showdoccase=1&js_peid=Trefferliste&fromdoctodoc=yes&doc.id=jlr-DSGRP2018pP21#focuspoint|§ 21 LDSG RP]] | Ja(Abs. 1) | Nein | Ja(Abs. 1) | Ja(Abs. 2) | Ja(Abs. 3) | Ja (Abs. 5) | Ja (Abs. 5) | Nicht ausdrücklich (bemerkenswerterweise nur für besonders eingriffsintensive Videoüberwachungen verlangt Abs. 6 eine [[:Datenschutzfolgenabschätzung|DSFA]]) | Nach Abs. 4 Pflicht zur Information einer identifizierten Person(mit Ausnahmen).\\ Nach Abs. 7 ausdrückliche Geltung der Absätze 1 und 2 auch für Attrappen. | | 
 +^ Saarland | [[http://www.lexsoft.de/cgi-bin/lexsoft/justizportal_nrw.cgi?xid=8079213,26|§ 25 SDSG]]| Ja(Abs. 1) | Nein | Ja(Abs. 1) | Ja(Abs. 2) | Ja(Abs. 3) | Nein | Ja („unverzüglich, Abs. 5) | Ja (Abs. 6) | Nach Abs. 4 Pflicht zur Information einer identifizierten Person(mit Ausnahmen). | [[https://www.landtag-saar.de/File.ashx?FileId=11693&FileName=Gs16_0279.pdf&directDL=false|Gesetzentwurf der Regierung des Saarlandes]] S. 54 f. | 
 +^ Sachsen | [[https://www.revosax.sachsen.de/vorschrift/17647-Saechsisches-Datenschutzdurchfuehrungsgesetz#p13|§ 13 SächsDSDG]]| Ja(Abs. 1) | Ja(Überschrift) | Ja aber sehr weit.(„Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen“, „Hausrecht“, Abs. 1) | Ja(Abs. 3) | Ja(Abs. 2) | Ja(Abs. 1) | Ja(Abs. 4) | Nein | | [[http://edas.landtag.sachsen.de/viewer.aspx?dok_nr=10918&dok_art=Drs&leg_per=6|Gesetzentwurf der Staatsregierung]] S. 64 f. | 
 +^ Sachsen-Anhalt | [[https://www.landesrecht.sachsen-anhalt.de/perma?j=DSGVOAG_ST_!_8|§ 8 DSAG LSA]] | Nein | Ja(Abs. 1) | Ja(Abs. 1) | Ja(Abs. 2) | Ja(Abs. 3) | Nein | Nein | Nein | Nach Abs. 4 ausdrückliche Geltung des Absätze 1 und 2 auch für Attrappen. \\ Gesetzesbegründung zu Absatz 1 mit merkwürdigem Bezug zu berechtigtem Interesse analog zu Mecklenburg-Vorpommern, s.o. | [[https://padoka.landtag.sachsen-anhalt.de/files/drs/wp7/drs/d3826lge.pdf|Gesetzentwurf Landesregierung]] S. 64 ff. | 
 +^ Schleswig-Holstein | [[https://www.gesetze-rechtsprechung.sh.juris.de/jportal/?quelle=jlink&query=DSG+SH+%C2%A7+14&psml=bsshoprod.psml&max=true|§ 14 LDSG SH]] | Ja(Abs. 1) | Ja(Abs. 1) | Ja aber sehr weit.(„Aufgabenerfüllung öffentlicher Stellen“, „Hausrecht“, Abs. 1) | Ja(Abs. 2) | Ja(Abs. 3) | Ja (Abs. 5) | Ja („unverzüglich, Abs. 5) | Nein | Nach Abs. 4 Pflicht zur Information einer identifizierten Person(mit Ausnahmen). | | 
 +^ Thüringen | § 28 ThürDSG | Ja(Abs. 1) | Nein | Ja(Abs. 1) | Ja(Abs. 2) | Ja(Abs. 3, 4) | Nein | Ja („unverzüglich, Abs. 5)  | Nein | | [[http://www.parldok.thueringen.de/ParlDok/dokument/65346/th%C3%BCringer-gesetz-zur-anpassung-des-allgemeinen-datenschutzrechts-an-die-verordnung-eu-2016-687-und-zur-umsetzung-der-richtlinie-eu-2016-680.pdf| Gesetzentwurf Landesregierung mit Begründung]] S. 116 f. | 
 +
 +^ (Bund) | [[https://dejure.org/gesetze/BDSG/4.html|§ 4 BDSG]] | Ja(Abs. 1) | Ja(Abs. 1) | Ja(Abs. 1) | Ja(Abs. 2) | Ja(Abs. 3) | Nein | Ja („unverzüglich, Abs. 5) | Nein | Nach Abs. 4 Pflicht zur Information einer identifizierten Person(mit Ausnahmen). | | 
 +
 +^(Österreich) | [[https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=bundesnormen&Gesetzesnummer=10001597|§ 12 DSG]] | Nein(Aber in Abs. 1 Definition der "Bildaufnahme") | Nein | Ja(Abs. 2-4) | Nein | Nein | Nein | Nein | Nein | Gilt nur für Verarbeitungen "zu privaten Zwecken". Daher keine Vergleichbarkeit. | 
 + 
 +===== - Erläuterung ===== 
 + 
 +§ 30 regelt die Videoüberwachung im Geltungsbereich des Thüringer Datenschutzgesetzes. Grundsätzlich ist die Videoüberwachung einerseits ein sehr umstrittenes und hoch politisches Thema, so dass konkretisierende Regelungen zweckmäßig erscheinen aber andererseits muss beachtet werden, dass die [[:DSGVO]] keine ausdrücklichen Regelungen und vor allem keine Öffnungsklauseln vorsieht, so dass jeweils nur die allgemeinen Öffnungsklauseln zu Anwendung kommen können. 
 + 
 +==== - Zu Absatz 1 ==== 
 + 
 +=== - Anwendungsbereich === 
 + 
 +§ 30 enthält in Absatz 1 eine Legaldefinition der Videoüberwachung als "die Videobeobachtung oder -aufzeichnung mit Hilfe optisch-elektronischer Einrichtungen"
 + 
 +== - Sachlicher Anwendungsbereich - Begriff der Videoüberwachung == 
 + 
 +Die Legaldefinition lässt zumindest einen Aspekt in der Reichweite des Begriffs Videoüberwachung offen: Sind damit jegliche Aufnahmen bewegter Bilder mittels Videokamera (optisch-elektronische Einrichtung) erfasst? Das würde dann auch Aufzeichnungen für Dokumentarfilme (öffentliche Stelle als Verantwortlicher unterstellt) aber vor allem von Veranstaltungen, auch Lehrveranstaltungen, erfassen. 
 + 
 +Hier spricht aber viel dafür, dass es sich nur um solche Aufnahmen handeln kann, die den Zweck verfolgen, einen normabweichendes Verhalten zu verhindern oder die betreffenden Personen zu ermitteln. Dafür spricht, dass als Zweck in Abs. 1 Nr. 1 und 2 jeweils "Schutz" genannt ist, was freilich nicht überbewertet werden darf, weil aus den gestatteten Fällen der Videoüberwachung schlecht auf die Gesamtmenge der Videoüberwachungen geschlossen werden kann. Aber wenn alle deutschen Datenschutzgesetze (siehe oben) offensichtlich immer den Schutz von mehr oder weniger konkret benannten Gütern gegen von Normen abweichendes Verhalten bezwecken, dann muss ein induktiver Schluss zulässig sein. Andererseits darf der Zweck nicht so eng gefasst werden, dass nur Straftaten erfasst werden, denn zum einen werden auch Ordnungswidrigkeiten regelmäßig mit erwähnt (vgl. auch Abs. 4) und zum anderen sollen selbst (deliktische) zivilrechtliche Ansprüche eine Videoüberwachung rechtfertigen können. 
 + 
 +Die Gesetzesbegründung schließt aus dem Begriff "Einrichtung" in Abs. 1 zudem, dass es sich um eine ortsgebundene Einrichtung handeln muss, was für viele Filmaufnahmen eher untypisch ist allerdings beispielsweise bei (teil-)automatisiertem Livestreaming von (Lehr-)Veranstaltungen eher die Regel sein dürfte. 
 + 
 +=== - Räumlicher Anwendungsbereich - nicht öffentliche Räume === 
 + 
 +Die meisten Landesdatenschutzgesetze sehen mit leicht variierenden Formulierungen eine Beschränkung auf öffentlich zugängliche Räume vor, wobei Raum hier nicht im Sinne eines Zimmers in einem Gebäude sondern in einem weiteren Sinne zu verstehen ist ((Vgl. in der Wikipedia [[https://de.wikipedia.org/wiki/Raum_(Architektur)|Raum (Architektur)]].)) und auch Außenräume umfasst also zum Beispiel Straßen, Plätze, Zugangswege usw. Eine solche Beschränkung enthält das Thüringer Recht nicht. Daraus ergibt sich die Frage, was mit Räumen ist, die **nicht öffentlich zugänglich** sind. 
 + 
 +Der Wortlaut spricht dafür, mangels einer ausdrücklichen Einschränkung von jeglichen Videoüberwachungen auszugehen. In der Gesetzesbegründung finden sich keine Hinweise für die eine oder andere Alternative.  
 + 
 +Nach Sinn und Zweck der Norm erscheint es sinnvoll, einen so tiefgreifenden Datenschutzeingriff durch öffentliche Stellen(Anwendungsbereich des ThürDSG) konkreter zu regeln - erst recht, wenn diese Notwendigkeit durch den Gesetzgeber zumindest für einen Teil der Videoüberwachungen ausweislich der Existenz des § 30 ThürDSG gesehen wird. Ein Bedürfnis öffentliche Räume zu regeln und nicht-öffentliche Räume dagegen nicht zu regeln ist dagegen nicht ersichtlich. Auch die in Abs. 1 Nr. 1 und 2 genannten zulässigen Zwecke von Videoüberwachung weisen keine Spezifika hinsichtlich öffentlicher und nicht-öffentlicher Räume auf.  
 + 
 +Allenfalls könnte argumentiert werden, dass nicht-öffentliche Räume eher weniger betroffene Personen aufweisen, was für einen schwächeren Datenschutzeingriff spräche. Allerdings werden sich in nicht-öffentlichen Räumen rechtmäßig typischerweise die gleichen Personen aufhalten, nämlich Beschäftigte der öffentlichen Stelle, die dann um so intensiver überwacht werden, so dass letztlich zwar eher weniger Personen betroffen sind aber diese dafür um so intensiver. 
 + 
 +Beim Vergleich mit anderen Bundesländern mit insoweit vergleichbarer Formulierung ist zudem in der Kommentierung für Bayern festzustellen, dass Wilde et al ausdrücklich eine Anwendung auf nicht-öffentlich Räume in Abgrenzung zu § 4 [[:BDSG]] bejahen.((Vgl. Wilde et al: Datenschutz in Bayern, Art. 24 BayDSG, Rn. 8)). Implizit gilt gleiches auch für Rheinland-Pfalz, wo als Beispiel für Videoüberwachung unter anderem Kantinen und Schalterräume angeführt werden, die normalerweise nicht öffentlich zugänglich sind.((Vgl. Smolle in Kugelmann(Hrsg): Landesdatenschutzgesetz Rheinland-Pfalz, § 21 Rn. 44, 45.)) 
 + 
 +Nach alledem ist auch für § 30 ThürDSG davon auszugehen, dass es grundsätzlich nicht darauf ankommt, wo die Videoüberwachung stattfindet. 
 + 
 +=== - Rechtsfolge - Anforderungen für zulässige Videoüberwachung === 
 + 
 +Wenn der Anwendungsbereich der Vorschrift eröffnet ist, dann darf eine Videoüberwachung nur unter den restriktiven Voraussetzungen des Abs. 1 durchgeführt werden. Das bedeutet vor allem, der eng gefasste Schutzzweck muss erfüllt sein: "//1. zum Schutz von Personen, die der überwachenden Stelle angehören oder sie aufsuchen, oder 2. zum Schutz von Sachen, die der zu überwachenden Stelle oder den Personen nach Nummer 1 gehören//". Andere Zwecke sind nicht erfasst. Das gilt auch für vermeintlich naheliegende Zwecke, wie Schutz gegen (oder Aufklärung von) Transparenten oder Parolen, die den Straftatbestand der Volksverhetzung(Vgl. [[https://dejure.org/gesetze/StGB/130.html|§ 130 StGB]].) erfüllen, oder die Sicherung von bloßen Forderungen wie beispielsweise Parkgebühren. 
 + 
 +Durch diesen enggefassten Zweck wird die weitere Voraussetzung "zur Wahrnehmung einer im öffentlichen Interesse liegenden Aufgabe oder in Ausübung öffentlicher Gewalt" faktisch gegenstandslos, denn es Überwachungen, die den vorgenannten Schutzweck erfüllen, werden immer zumindest im öffentlichen Interesse liegen. 
 + 
 +Dagegen kann die nach Abs. 1 Satz 2 erforderliche Abwägung gegen "schutzwürdige Interessen der betroffenen Person" im Einzelfall durchaus Relevanz besitzen, insbesondere wenn der Kernbereich der Privatsphäre betroffen ist, zum Beispiel bei Toiletten oder Umkleideräumen. 
 + 
 +=== - Ausnahmen ===
  
-===== Erläuterung =====+§ 30 ThürDSG ist Bestandteil des allgemeinen Datenschutzrechts. Demzufolge gehen speziellere Vorschriften vor, wie auch ausdrücklich in [[:thuerdsg:2_thuerdsg|§ 2]] Abs. 3 S. 1 ThürDSG festgehalten. Das darf aber nicht als Freibrief verstanden werden, wie auch Abs. 3 S. 2 ThürDSG verdeutlicht: Es braucht eine eindeutige Regelung zum Zweck der Videoüberwachung und auch zu deren Grenzen und in Grundzügen den [[:Technische und organisatorische Maßnahmen|Technischen und organisatorischen Maßnahmen]]. Im Bereich der [[:pruefungen#elektronische_pruefungen|elektronischen Prüfungen]] an Hochschulen in Thüringen wäre also allein die Regelung in [[https://landesrecht.thueringen.de/perma?j=HSchulG_TH_!_11|§ 11]] Abs. 1 Nr. 1 ThürHG(Prüfungen in elektronischer Form) nicht ausreichend. Es bedarf vielmehr zusätzlich einer durch [[https://landesrecht.thueringen.de/perma?j=HSchulG_TH_!_54|§ 55]] Abs. 2 S. 2 vorgesehenen Satzung der Hochschule, die die Videoübewachung näher regelt.
  
-===== Weblinks =====+===== Weblinks =====
  
   * [[http://landesrecht.thueringen.de/jportal/?quelle=jlink&query=DSG+TH+%C2%A7+30&psml=bsthueprod.psml&max=true|Quelle Wortlaut]]   * [[http://landesrecht.thueringen.de/jportal/?quelle=jlink&query=DSG+TH+%C2%A7+30&psml=bsthueprod.psml&max=true|Quelle Wortlaut]]
   * [[http://www.parldok.thueringen.de/ParlDok/dokument/65346/th%C3%BCringer-gesetz-zur-anpassung-des-allgemeinen-datenschutzrechts-an-die-verordnung-eu-2016-687-und-zur-umsetzung-der-richtlinie-eu-2016-680.pdf|Quelle Begründung (PDF): Thüringer Landtag Drucksache 6/4943]]   * [[http://www.parldok.thueringen.de/ParlDok/dokument/65346/th%C3%BCringer-gesetz-zur-anpassung-des-allgemeinen-datenschutzrechts-an-die-verordnung-eu-2016-687-und-zur-umsetzung-der-richtlinie-eu-2016-680.pdf|Quelle Begründung (PDF): Thüringer Landtag Drucksache 6/4943]]
  
-{{tag>Artikel ThuerDSG}}+{{tag>Artikel ThuerDSG 2023}}
  
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