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Proctoring bezeichnet als Lehnswort (von englisch „to proctor“ - beaufsichtigen) im weiteren Sinne das „Exam Proctoring“ also die Beaufsichtigung bei Prüfungen und zunehmend im engeren Sinne als „E-Proctoring“ die elektronische Beaufsichtungen bei E-Prüfungen. Von letzterer Bedeutung wird im Folgenden ausgegangen. Gerade dabei stellen sich vielfältige Herausforderungen für den Datenschutz.
Grundsätzlich ist zunächst festzustellen, dass bei jeder Prüfung naturgemäß Personenbezogene Daten verarbeitet werden. Bei klassischen analogen Klausuren ist die Überwachung an sich kaum datenschutzrelevant, da sie durch die Sinneswahrnehmung der Aufsicht erfolgt, was an sich noch keine Verarbeitung personenbezogener Daten ist, so dass Verarbeitungen erst erfolgen, wenn relevante Verstöße festgestellt und dokumentiert werden. Bei E-Prüfungen ist das anders. Abhängig von der genauen Prüfungsform kann eine Überwachung selbst unter günstigen Bedingungen nur eingeschränkt durch eine physisch anwesende Aufsicht erfolgen, wenn beispielsweise eine E-Prüfung in einem Hörsaal der Hochschule geschrieben wird kann die Aufsicht kaum durch bloße Inaugenscheinnahme der Endgeräte feststellen, ob sich diese in einem ordnungsgemäßen Zustand befinden. Wenn die Prüfungsteilnehmer sich nicht vor Ort befinden verschärft sich das Problem insoweit, dass überhaupt keine klassische Aufsicht möglich ist. Das ist während der Corona-Pandemie von besonderer Bedeutung aber auch danach sind Prüfungen denkbar, die nicht in Räumlichkeiten der Hochschule geschrieben werden.
Wenn personenbezogene Daten verarbeitet werden, muss die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung sichergestellt werden. Da eine Einwilligung mangels Freiwilligkeit als Erlaubnistatbestand1) nur in Ausnahmefällen in Betracht kommt, braucht es eine Rechtsgrundlage, die um so konkreter und höherrangiger sein muss, je tiefgreifender der Datenschutzeingriff ist, was wesentlich von den Überwachungsmitteln abhängig ist. Dabei sind auch nach Art. 6 Abs. 2 DSGVO spezifische Regelungen des nationalen Rechts zu beachten; in Thüringen ist das § 55 Abs. 2 S. 3 und 4 ThürDSG.
Unter dem Aspekt der Erforderlichkeit ist stets zu prüfen, ob der gleiche Effekt nicht auch mit milderen Maßnahmen erreicht werden kann. Das werden insbesondere Prüfungsformen sein, bei denen Regelverstöße gar nicht erst möglich sind, so dass es keiner Überwachung bedarf. Die Erforderlichkeit einer Überwachungsmaßnahme dürfte aber auch dann nicht gegeben sein, wenn sie mit geringem Aufwand umgangen werden kann, so dass sich ein rechtlich relevantes Vollzugsdefizit ergibt.
Grundsätzliche Probleme bei der Videoüberwachung:
Technisch möglich ist es auch, die Endgeräte der Prüflinge selbst mit geeigneter Software zu überwachen, um Betrugsversuche zu verhindern beziehungsweise zu erkennen. Damit ist natürlich ein sehr weitgehender Eingriff in die private Technik der Prüflinge mit entsprechenden Haftungsrisiken verbunden. Perspektivisch sollte daher der (kostenintensive) Weg gestellter Endgeräte gewählt werden.
Es sollte stets geprüft werden, ob Prüfungen so ausgestaltet werden können, dass durch die Natur der Prüfung eine Überwachung nicht notwendig ist. Die Notwendigkeit für Überwachung ergibt sich insbesondere bei der Wiedergabe von auswendig gelerntem Wissen, weil hier sehr einfach Betrugsmöglichkeiten bestehen. Dementsprechend ist eine Wechsel hin zu kompetenzorientiertem Prüfen eine wichtige Option.